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Magazin für Tradition, Mythos und Kultur
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  unabhängige Vereinspage über die Profimannschaft des VfB Stuttgart 1893 e.V.       11. Jahrgang

 
 
 


 
    
   Der VfB Stuttgart wird UI-Cup-Sieger 2002

Nach dem einwöchigen Konditionstrainingslager auf Sylt schnürten die VfB-Profis bereits Anfang August wieder ihre Kickstiefel, um das Projekt UEFA-Cup in Angriff zu nehmen. Mit dem achten Tabellenplatz nach der Spielzeit 2001/02 qualifizierten sich die Mannen von Felix Magath für den UI-Cup und hielten sich so ein Türchen zur ersehnten UEFA-Cup Teilnahme offen. In der ersten Runde galt es gegen den belgischen Club Sporting Lokeren anzutreten. Das Hinspiel fand am siebten Juli im heimischen Gottlieb-Daimler- Stadion statt. Beide Mannschaften steckten noch mitten in der, Vorbereitung, was ihnen auch deutlich anzumerken war. Die Belgier wirkten anfangs noch frischer als die Mannschaft von Trainer Felix Magath, denen wohl das Trainingslager noch zu sehr in den Knochen steckte. Trotzdem gelang es Jochen Seitz schon in der siebten Minute das 1:0 zu erzielen. Nach einem abgefälschten Freistoß von Meißner, den der Sporting-Torhüter Van der Jeugt nur abklatschen konnte, schnappte sich Seitz den Ball und schoss das 1:0.


Der Regisseur und das Happy End
 
"Balakov kann stolz sein auf eine fantastische Karriere"
 
STUTTGART. Krassimir Balakovs letztes Bundesligaspiel gegen den VfL Wolfsburg weckt im Spielmacher des VfB Stuttgart die ganz großen Gefühle. "Nur Wehmut, die spüre ich nicht", sagt der 37-jährige Bulgare nach dem 2:0-Sieg und der Vizemeisterschaft.

Immer wieder schaut Krassimir Balakov nervös in Richtung Seitenlinie, wo Sean Dundee auf die Einwechslung wartet. Dort tobt Felix Magath. "Spielt den Ball ins Aus", schreit der Trainer des VfB Stuttgart aufs Feld. Aufregung um Balakov. Es ist die 90. Minute in der Partie gegen den VfL Wolfsburg. Und so wie in diesem Moment hat der Spielmacher noch nie in seiner 21-jährigen Profikarriere die eigene Auswechslung herbeigesehnt. Er möchte in seinem allerletzten Bundesligaspiel einen würdigen Soloabgang - und er bekommt ihn dann auch. Sekunden vor dem Abpfiff verlässt Krassimir Balakov unter dem tosenden Applaus der 49 000 Zuschauer, die sich von ihren Sitzen erhoben haben, den Rasen des Daimlerstadions.

"Das war ein Gefühl, das kann man einfach nicht beschreiben", sagt Krassimir Balakov mit brüchiger Stimme. Sekunden später verliert der 37-Jährige vollends seine Fassung, als das Dortmunder 1:1 im Daimlerstadion die Runde macht und die direkte Stuttgarter Champions-League-Qualifikation tatsächlich feststeht. "Ich bin einfach nur glücklich, einen schöneren Abschluss kann es nicht geben", sagt Balakov. Es war ein Nachmittag der Emotionen, der großen Gefühle - vor allem für Krassimir Balakov. Und es begann schon vor dem Anpfiff feierlich, als die VfB-Spieler (neben Balakov noch Jens Todt, Bradley Carnell, Thomas Ernst und Jochen Seitz) mit Blumensträußen und Beifall verabschiedet wurden. Doch Sprechchöre schallten nur beim Bulgaren durchs Daimlerstadion. Balakov sagt: "Ich dachte mir, das fängt ja gut an."

Und es wurde noch viel besser. Nachdem Kevin Kuranyi den VfB früh in Führung gebracht hatte, musste Balakov auch nicht mehr lange auf seinen ersten großen Auftritt warten. Als Jochen Seitz von Stefan Schnoor im Wolfsburger Strafraum gefoult wird, kann es nur drei Entscheidungen geben. Erstens: Elfmeter. Zweitens: Krassimir Balakov führt aus. Drittens: Tor - 2:0. So haben die Zuschauer Krassimir Balakov noch nie jubeln sehen. Jetzt kann ihn nichts und niemand mehr stoppen. Mit geballten Fäusten nimmt er das erste Hindernis - und überspringt die Werbebande. Dann klettert Balakov auf das Absperrgitter, um seinen Fans ganz nah zu sein. Die umarmen den großen Star dieser rührenden Nachmittagsvorstellung inniglich.

Im Rausch der Gefühle spricht Balakov von seinem wichtigsten Tor. Später dann relativiert er seine Aussage: "Es war wohl eher der für mich emotionalste Treffer", meint er mit einem zweistündigen Abstand. Zuvor wird ihm noch sein Tor vor knapp zwei Jahren gegen Schalke 04 eingefallen sein, das dem VfB damals am vorletzten Spieltag den Klassenverbleib beschert hatte.

Balakov geht nach seinem letzten Bundesligaspiel noch so einiges durch den Kopf. "Aber Wehmut spüre ich keine, einen besseren Zeitpunkt für mein Karriereende hätte ich nicht wählen können", sagt er. Dieser Einschätzung kann sich sein Trainer nur anschließen. "Bala hat selbst einen wunderbaren Schlusspunkt hinter seine Laufbahn gesetzt", sagt Felix Magath.

Bei diesem Thema findet dann auch der geknickte Wolfsburger Trainer sein Lächeln wieder. "Krassimir Balakov kann stolz auf eine fantastische Karriere sein", sagt Jürgen Röber auf der Pressekonferenz, die er schleunigst verlassen muss, um das Flugzeug noch zu bekommen. Doch dann meldet sich Jürgen Röber bereits im Gehen noch einmal zu Wort, um kurz darauf hinzuweisen, dass er es war, der Balakov 1995 von Sporting Lissabon zum VfB Stuttgart gelotst hatte. So viel Zeit muss sein.

Für den Fußballer Krassimir Balakov hat sich beim VfB also der Kreis geschlossen - aber noch nicht ganz. Schließlich steht am Donnerstag noch sein großes Abschiedsspiel auf seinem ganz persönlichen Abschlussprogramm. Und seine Mannschaftskollegen haben sich nach den Champions-League-Feierlichkeiten für diesen Abend noch einmal viel vorgenommen. Der Mannschaftskapitän Zvonimir Soldo sagt: "Bis dahin müssen alle nüchtern sein - das ist ein Befehl."

Für das Abschiedsspiel von Krassimir Balakov am Donnerstag im Daimlerstadion (17.45 Uhr) sind bisher 20 000 Karten verkauft worden. Tickets für diese Partie, die vom SWR live im dritten Fernsehprogramm übertragen wird, gibt es an den bekannten Vorverkaufsstellen. Mitspielen werden unter vielen anderen die VfB-Weltmeister Dunga, Klinsmann, Buchwald und Berthold

Es entwickelte sich ein gleichverteiltes Spiel, beide Mannschaften zeigten Schwächen in der Abwehr, agierten jedoch auch im gegnerischen Strafraum weitestgehend harmlos. In der 54. Minute traf Dundee nach einer Ecke von Seitz und Kopfballverlängerung durch Todt ins belgische Netz zum 2:0-Endstand.

Eine Woche später ging es dann zum Rückspiel nach Lokeren. Mit zwei Toren Vorsprung konnte sich der VfB beruhigt auf die Reise machen, die Aussichten für das Erreichen der nächsten Runde standen gut. Vor nur 2500 Zuschauern zeigten beide Mannschaften eine eher schwache Vorstellung. Als alle schon mit einem torlosen Remis rechneten schaffte es Alexander Hleb in der 92 Minute schließlich doch noch, den Ball im gegnerischen Tor zu versenken. Der VfB zog glanzlos in die nächste Runde des Ul-Cup ein und es war klar, dass gegen den italienischen Vertreter AC Perugia eine bessere Leistung nötig war.

Die Mannschaft um Kapitän Giovanni Tedesco trat im Hinspiel am 27.07. im Gottlieb-Daimler-Stadion an. Nach einer schwachen ersten Hälfte, in der Fabrizio Miccoli nach 14 Minuten das 1:0 für den AC Perugia erzielte, schien die Pausenansprache von Trainer Felix Magath ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben. Wie verwandelt kamen der VfB zurück und platzierten den Ball gleich dreimal in Zeljko Kalacs Tor. Die Treffer erzielten Marcelo Jose Bordon, loan Viorel Ganea und Jochen Seitz.

Mit abermals zwei Toren Vorsprung reiste der VfB frohen Mutes zum Rückspiel nach Italien, um dort schließlich noch ordentlich in Bedrängnis zu geraten. Nach einer torlosen ersten Hälfte erzielte Ganea zwar in der 54. Minute das 1:0 für den VfB, danach legte der AC Perugia aber zu und brachte die VfB-Abwehr immer wieder in Bedrängnis, zweimal auch mit Erfolg, Fabrizio Miccoli und Emanuele Berrettoni trafen in der 74. und 90. Minute unhaltbar für Keeper Timo Hildebrand und am Ende trennte die VfB-Profis nicht mehr viel vom dritten Gegentreffer. Glücklicher Weise blieb es beim 2:1-Sieg für den AC Perugia, was Felix Magaths Mannschaft zum Erreichen des Halbfinals genügte.

Im Halbfinal-Hinspiel traf der VfB am 31.07. im heimischen Gottlieb-Daimler-Stadion auf den NK Slaven Belupo. Die Kroatten zeigten eine enttäuschende Leistung und der VfB war die meiste ,Zeit Herr der Lage. Thomas Schneider erzielte in der neunten und 62. Minute die Tore für den VfB, die trotz des schwachen Gegners die gute Ausgangslage noch verspielten und in der Schlussphase einen Gegentreffer von Davor Bajsic kassierten.

Somit konnte das Rückspiel in der kommenden Woche doch nicht ganz so locker angegangen werden. Nach einem verhaltenen Anfang traf Sean Dundee aber in der 39. Minute zum 1:0 und dank der sicheren VfB-Abwehr und einem enttäuschenden Auftreten von Slaven Belupo blieb es bei diesem Ergebnis - der VfB stand im Finale des UI-Cups.

Am darauf folgenden Dienstag ging es dann um alles, als der VfB zum Hinspiel des UI-Cups nach Lille reisten. Der VfB-Elf war im Vergleich zum letzten UI-Cup-Spiel gleich auf  fünf Positionen anders besetzt. Die Frnzosen waren sehr defensiv eingestellt, während der VfB das Spiel machte. Trotzdem gelang es Nicolas Bonal nach einem Konter das 1:0 zu erzielen, wobei es auch bleiben sollte. Der VfB agierte zwar engangiert, aber glücklos. Dagegen hätte der Sieg für Lille noch weit höher ausfallen können, wäre Timo Hildebrand nicht mit einigen Glanzparaden zur Stelle gewesen.

Der VfB legte zwar nicht los wie die Feuerwehr, doch machten die Schwaben schnell klar, wer Herr im Hause war. Der OSC musste sich nach dem 1:0-Sieg im Hinspiel zunächst ganz auf Defensivarbeit konzentrieren.  Die Stuttgarter wurden immer dann gefährlich, wenn sie über die Außen kamen, wo Amanatidis (rechts) und Seitz für einigen Druck sorgen konnten. Die beiden Außenbahnspieler produzierten schließlich auch das erste Tor, doch hatte der Lininerichter Seitz im Abseits gesehen - zu Unrecht (16.).

Das nicht gegebene Tor lähmte die Magath-Elf ein wenig, die nun ihr Spiel zu sehr durch die Mitte aufzog, wo die Franzosen einen dichten Riegel aufbauten. Zudem hatte Lille mit Cheyrou und Landrin zwei brandgefährliche Offensivleute, die Hildebrand zu zwei Großtaten zwangen.

Unmittelbar vor der Pause stand der Schiedsrichter mit seinem Gespann ein weiteres Mal in der Kritik, als er ein Tor von Amanatidis wegen Abseits aberkannte (44.).

Die zweite Halbzeit begann mit zwei Paukenschlägen. Der VfB kam sehr stürmisch aus der Kabine und Ganeas Kopfball konnte Pichot auf der Torlinie nur mit der Hand stoppen. Der Defensivmann der Franzosen sah für seine Rettungsaktion den Roten Karton, doch zur Führung für die Schwaben reichte der fällige Elfmeter nicht, da Balakov vom Punkt zu genau zielte und statt den Winkel nur den Pfosten traf.

Trainer Magath reagierte und brachte gegen die dezimierten Franzosen mit Tiffert einen weiteren Stürmer, Abwehrmann Hinkel verließ den Platz (54.). Doch so richtig wollte das VfB-Angriffsspiel nicht mehr in Schwung kommen. Zwar hatte der Bundesligist eine Vielzahl von Ecken, doch Kapital konnte er daraus nicht schlagen. Lille hingegen verteidigte ab der 48. Minute das eigene Gehäuse mit Mann und Maus, doch das gelang ihnen nur bis zur 81. Minute, als der Elfmeter-Fehlschütze Balakov seine Scharte mit dem 1:0 wieder wettmachte. Nun drehte der VfB noch einmal voll auf und Kuranyi avancierte zum Matchwinner. Eine von Bordon verlängerte Balakov-Flanke köpfte Kuranyi aus kürzester Distanz über die Linie.

Der VfB Stuttgart wendete mit einer engagierten Leistung den drohenden Nichteinzug in den UEFA-Cup ab. Balakov und Kuranyi machten in der Schlussphase zwei Tore zum 2:0 gegen den OSC Lille. Damit stand der VfB in der 1. Hauptrunde des UEFA-Cups und war somit zum zweiten Mal  Gewinner des UI-Cups nach 2000.


Europa, wir kommen! Stuttgarts Junge Wilde schaffen ein kleines Fußballwunder
 
Wenige Minuten entscheiden über die direkte Qualifikation des VfB zur Champions League
 
Sicher, es ist nur ein Spiel. Aber was für eines! Noch Stunden nach der Fußballsensation fällt es den Akteuren des VfB Stuttgart schwer, das gemeinsam Erreichte zu begreifen. Im Herbst treten sie gegen Europas Beste an.
 
Das Leben fängt da an, wo der Fußball aufhört. Oder fängt es dann erst richtig an? Am Samstagnachmittag im Jahre 2003 war es so. Um 17.17 Uhr pfiff Schiedsrichter Hellmut Krug zwar das Spiel des VfB Stuttgart gegen den VfL Wolfsburg (2:0) ab. Aber die Kugel rollte weiter - im Dortmunder Westfalenstadion. Und das machte die Sache dramatisch. "Mir war nach dem Schlusspfiff zum Heulen zu Mute", gestand VfB-Trainer Felix Magath, "so angespannt war ich in diesen Minuten." Platz drei oder Vizemeister? In Minuten entschied sich: Verdient der Club bald ein paar Moneten im Uefa-Cup oder Millionen in der Champions League?


Doch der "Fußballgott führte diesmal Regie" (Magath) und "das Leben hat es heute gut mit uns gemeint" (VfB-Präsident Manfred Haas). Kurzum: Der Fußball war wieder großes Gefühlskino: Leben, Leiden, Freude. Harte Männer benahmen sich plötzlich wie kleine Kinder. Selig, voll überschäumenden Glücks. Das Remis der Dortmunder gegen Cottbus machte aus den Bettlern der Bundesliga die Könige von Stuttgart. Emotionen sprengten Konventionen. Später - im verklärten Rückblick - wird man vielleicht sagen: Es waren Momente für die Ewigkeit. Augenblicke, die sich lohnen, präzise festgehalten zu werden:

17.01 Uhr: Die Nachricht aus Dortmund vom Ausgleich der Cottbuser verbreitet sich wie ein Lauffeuer durchs Stadion. Es herrscht Gänsehaut-Atmosphäre.

17.10 Uhr: Aus der Hoffnung wird langsam Gewissheit. Der Cannstatter Fan-Chor singt: "Oh, wie ist das schön" . . . "Felix Magath, du bist der beste Mann."

17.17 Uhr: Abpfiff. Standing Ovations. Die Stimmung ist am Siedepunkt. Durch die Arena dröhnt: "So sehen Sieger aus."

17.18 Uhr: Die Mannschaft wechselt die Garderobe: Die neuen T-Shirts dokumentieren das Unfassbare: Der VfB in der Champions League!

17.19 Uhr: Die Mannschaft und der Trainer versammeln sich auf dem Rasen im Kreis. Die Sensation ist perfekt - der VfB hat Dortmund auf Platz drei verdrängt. Spieler hüpfen und tollen auf dem Rasen herum, lassen ihren Trainer im wahrsten Sinne des Wortes hochleben - sie schleudern Magath in die Luft. Später duschen sie ihn mit Schampus.

17.24 Uhr: Zum Triumphmarsch aus der Oper "Aida" defilieren die VfB-Profis an den Fans vorbei. Eine Ehrenrunde, die unter die Haut geht.

17.29 Uhr: Magath umarmt Aufsichtsratschef Dieter Hundt und Debitel-Vorstand Achim Egner. Die Helden in den kurzen Hosen ziehen sich in die Kabine zurück. Zvonimir Soldo, der Kapitän, übernimmt die Regie und brüllt: "Der Bart muss ab." Viorel Ganea wird zum Barbier und befreit Manfred Haas von seinem Schnäuzer.

18.30 Uhr: Heiko Gerber kommt mit Dauergrinsen vom Duschen: "Ich habe ein Bier getrunken", sagt er schelmisch, "einen Liter."

19.00 Uhr: Das Fest geht weiter. Erst im Vip-Raum, dann bei der Fan-Party auf dem Clubgelände und schließlich im Restaurant Amici, wo auch Felix Magath nach seinem Auftritt im ZDF gegen ein Uhr hinzustößt.

3.00 Uhr: Endspurt in der Discothek Move. Im Morgengrauen verlieren sich die Spuren der Jungen Wilden - bis zum Mittag. Dann taucht Kevin Kuranyi im Stella zum Brunch auf.

Aber selbst jetzt - viele Stunden nach dem Schlusspfiff: Der junge Star braucht immer noch einen, der ihn kneift: "Träume ich? Ich kann das alles immer noch nicht richtig fassen."

Es ist wie immer, wenn das Unglaubliche eintritt: Dann spricht der Mensch gerne von Wundern. Selbst einer, der beim VfB den Beinamen "Wundermann" trägt, sprach davon. Jürgen Sundermann konnte sich der Faszination des Augenblicks nicht entziehen. Gerührt und mit feuchten Augen stellte der ehemalige VfB-Coach sogar seine eigenen Erfolge hinten an. "So etwas Fantastisches habe ich noch nie erlebt." Er muss es wissen. In seiner Ära mit den damaligen Jungen Wilden Hansi Müller und Karlheinz Förster galt dasselbe Motto wie heute: "Damals in den 70ern waren die Jungs auch super. Technisch stark, offensiv, hemmungslos und immer optimistisch." Die Fans liebten den VfB. So wie heute. Oder ist alles noch viel besser?, wie der "Wundermann" meint: "Die Stimmung im Stadion, diese totale Identifikation mit der Mannschaft. Das ist einmalig. Ich bin begeistert."

Doch der Grat war schmal, die Atmosphäre explosiv: Es galt das Alles-oder-nichts-Prinzip. Denn wie so oft im Sport: Triumph und Tragödie lagen dicht beieinander. Eine Niederlage, Platz vier und womöglich der Abgang von Trainer Felix Magath - Frust und Verdruss hätten alles Positive verdrängt. Ein anderer Erfolgstrainer der Roten hat genau das erlebt. "Ich fühle mich ins Jahr 1998 zurückversetzt", sagte Joachim Löw vor dem Happy End traurig, "keiner redete damals vom Europacupfinale, sondern nur vom Theater im Verein." Damals kippte die Stimmung: Aus dem magischen wurde das tragische Dreieck. Löw wurde von Gerhard Mayer-Vorfelder in die Wüste geschickt. Die Mannschaft zerbrach. Dies alles drohte sich nun zu wiederholen. Und genau mit dieser bösen Ahnung kamen viele der 49 000 Zuschauer ins Daimlerstadion. Aber genau das Gegenteil trat ein. Diese überraschende Wende versetzte alle im Stadion in Euphorie. "Die Stimmung ist heute viel schöner als 1992 bei der Meisterschaft", schwärmte einer auf der Haupttribüne, "weil alles noch überraschender kam." Fußballwunder fallen eben vom Himmel. Wie 1954 in Bern, als Deutschland Weltmeister wurde. Unvergessen sind aber auch die Schlussworte von Herbert Zimmermanns legendärer Radioreportage: "Auch in diesem Augenblick wollen wir nicht vergessen, dass es ein Spiel ist . . . " Aber ein wunderbares, das dem Leben auch nach dem Schlusspfiff eine besondere Dramatik geben kann.  

     
     
   
     
   
     
   
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