Der VfB Stuttgart wird durch ein 2:0-Sieg im
Berliner Olympiastadion gegen Energie Cottbus zum dritten Male in seiner
Vereinsgeschichte Deutscher Pokalsieger.
Trainer Rolf Fringer musste im Spiel gegen den
Zweitligisten auf den an der Schulter verletzten Fredi Bobic verzichten,
konnte aber ansonsten die Wunschelf aufbieten.
Die
Gäste mussten die verletzten Schneider, Hahn und Renn ersetzen.
Die Gastgeber stellten das deutlich überlegene Team,
was sich auch in der Anzahl der herausgespielten Torchancen
niederschlug. Probleme hatte der VfB mit dem Flügelspiel (Hagner auf der
rechten, Legat auf der linken Seite), so dass fast alle
erfolgversprechenden Offensivaktionen über Balakov liefen. Der Bulgare
zeigte sich lautstark und trieb seine Elf an, seine Pässe fanden jedoch
noch keine Abnehmer. Auf der anderen Seite rettete Franz Wohlfahrt, vor
Saisonbeginn von Austria Wien an den Neckar gewechselter Keeper, mit
einer Glanzparade gegen Akonnor das 0:0. Im Elfmeterschießen
verwandelten alle Stuttgarter, während die Kölner Lottner und Hey an der
Latte scheiterten. Die erste Pflichtaufgabe der Saison war ohne Glanz
überstanden - wenige Tage später stellte sich diese Partie als
Abschiedsspiel für Rolf Fringer heraus, der seinen Vertrag kündigte und
als Nationaltrainer in die Schweiz wechselte.
Pokal-Dramatik pur im Olympiastadion
Eine schwerlich zu überbietende Dramatik
kennzeichnete die Partie im Berliner Olympiastadion. Zunächst fing alles
nach Wunsch an für den Zweitligisten, der durch Michel Dinzeys 1:0 in
der 3. Minute einen Traumstart hinlegte. Schon zehn Minuten später
zeichnete Matthias Hagner für den Ausgleich verantwortlich. Der VfB
musste mit dem Handicap des Ausfalls von Balakov (Adduktorenverletzung)
leben.
Im Vorfeld hatte die Partie ihre Brisanz aus dem
Sachverhalt bezogen, dass mit Sverrisson, Dinzey, Covic, Kruse, Arnold
und Trainer Röber sechs ehemalige Stuttgarter beim Zweitligisten in Lohn
und Brot standen. Zu den Höhepunkten der Partie gehörten die Duelle
Sverrisson/Kober contra Elber/Bobic.
Eine vermeintliche Tätlichkeit Elbers gegen Steffen
Karl (63.), die von Schiri Wagner mit einem Platzverweis geahndet wurde,
sorgte in der Folge für reichlich Zündstoff. Auch Soldo musste in der
78. Minute das Feld räumen (Gelb-Rot) - der VfB musste 42 Minuten in
zweifacher Unterzahl Überstehen. Joachim Löw verstärkte die VfB-Abwehr
mit den Einwechselungen von Herzog und Fournier - ein gelungener
Schachzug, mit dem das Elfmeterschießen erreicht wurde. In diesem wurde
Marc Arnold zur tragischen Figur, als er den 12. Elfmeter in den
Berliner Abendhimmel jagte.
Aktivposten Thorsten Legat

Der dritte Zweitligist nach Fortuna Köln und Hertha BSC Berlin
stellte sich den Schwaben in den Weg. Die Sachsen waren mit einer
strikten Defensiv-Marschroute ins Daimler-Stadion gekommen. Die
Kreativkräfte des Bundesliga-Tabellenführers bekamen mit Jasarevie,
Günther und Lense Sonderbewacher "auf die Füße gestellt", die deren
Wirkung doch deutlich beeinträchtigten. Doch ganz auszuschalten war
das "magische Dreieck" auch an diesem Abend nicht: Giovane Elber und
Fredi Bobic machten "ihr" Tor und entschieden damit eine
Pflichtaufgabe.
Trainer Löw musste verletzungsbedingt auf Berthold
verzichten, Soldo fehlte wegen seiner Gelb-Roten Karte in der 2. Runde.
Stärkster Akteur war auf der linken Mittelfeldseite Thorsten Legat, über
den viele Offensivaktionen liefen
Elfmeterkönig Franz Wohlfahrt
22.500 Zuschauer im ausverkauften Dreisamstadion
sahen eine tempo und abwechslungsreiche Partie mit vielen Torraumszenen.
Beide Teams setzten auf Offensive, der VfB brachte die SC-Abwehr immer
wieder durch Diagonalpässe in den Rücken der Verteidiger in
Schwierigkeiten.
Trotz guter Möglichkeiten waren die Keeper Schmadtke
und Wohlfahrt bis zum Halbzeitpfiff nicht zu bezwingen. Dann allerdings
gelang Fredi Bobic ein Traumstart in die 2. Hälfte. Sein 0:1 hielt
jedoch nur knapp eine Viertelstunde - Spanring, der künftige
Stuttgarter, glich zum verdienten 1:1 aus. Nachdem beiden Teams kein
weiterer Treffer gelang, ging es in die Verlängerung, die in Bertholds
Gelb-Roter Karte (93. Minute) ihr Highlight hatte. Beide Teams mussten
dem Kräfteverschleiß Tribut zollen, so dass zum dritten Mal in dieser
Saison ein Elfmeterschießen die Entscheidung für den VfB herbeiführen
sollte.
Während beim VfB Verlaat, Soldo, Foda und Franz
Wohlfahrt die Nerven behielten, scheiterten zwei Breisgauer: Torwart
Schmadtke setzte den ersten Elfmeter über das Tor, Sutter fand in
Wohlfahrt seinen Meister. Damit durfte sich der österreichische
VfB-Keeper als "Matchwinner" feiern lassen.
Thomas Schneider köpft VfB nach Berlin!
Der
VfB musste den gesperrten Berthold ebenso ersetzen wie die verletzten
Buck und Legat. Das wirkte sich auf das Flügelspiel aus, denn Hagner und
Fournier konnten von der Außenbahn keinerlei Akzente setzen. Im Zentrum
agierte Krassimir Balakov gewohnt souverän und trieb die
Offensivaktionen an. Nach einer Viertelstunde war es der bulgarische
Spielmacher, der einen Freistoß gekonnt in die Maschen des HSV-Tores
setzte. Der HSV suchte aber weiter den offenen Schlagabtausch und kam
nur vier Minuten später durch Jürgen Hartmann zum Ausgleich. Der
Ex-Stuttgarter hatte nach einer Ecke per Kopf getroffen und damit eine
Unachtsamkeit der VfB-Hintermannschaft ausgenutzt.
Der HSV beherrschte - abgesehen von der letzten
Viertelstunde der 1. Halbzeit - zumeist das Spielgeschehen. Chancen
ergaben sich auf beiden Seiten, wobei die des VfB aus
Standardsituationen resultierten. Bezeichnenderweise fiel denn auch das
2:1 nach einer Ecke Balakovs, die Thomas Schneider in der 60. Minute
einköpfte.
Nun drückte der HSV noch stärker, dem VfB boten sich
Konterchancen, von denen Schneider und Bobic die größten vergaben. Die
Abwehr der Schwaben stand aber sicher, so dass sich die HSV-Stürmer die
Zähne ausbissen. Nach einer gelb-roten Karte für den Hamburger
Ivanauskas musste in der Schlussminute auch Thomas Schneider mit "Rot"
vom Feld, die Sperre galt aber wettbewerbsübergreifend. Die Fahrt nach
Berlin durfte der "Shooting-Star" der Saison also mitmachen!
Elbers Abschied der Extraklasse
Drei Zweitligisten und zwei Erstligaklubs hatte der
VfB auf dem Weg nach Berlin aus dem Wege geräumt - ausgerechnet im
Finale traf der VfB mit Energie Cottbus auf einen Amateurklub. Die
Lausitzer hatten im Verlauf des Wettbewerbes mit den Stuttgarter
Kickers, VfL Wolfsburg, MSV Duisburg, FC St. Pauli und dem Karlsruher SC
gleich fünf höherklassige Vereine eliminiert und sich den Ruf des
Pokalschrecks erworben. Trainer Eduard Geyer setzte auf eine physisch
starke Elf, deren Stützen mit Libero Hoßmang und den Manndeckern Benken
und Melzig im Defensivbereich standen.

Durch die Pokalerfolge und den eine Woche vor dem Finale besiegelten
Zweitliga-Aufstieg schwammen die Cottbuser auf einer Welle der
Euphorie. Mit dem Aufstieg war die "Pflichtaufgabe" erfüllt worden,
der Pokal konnte als Kür angesehen werden. Die robusten
Abwehrspieler Hoßmang, Benken und Melzig, die mit ihrem rustikalen
Einsteigen im Spiel gegen Hannover 96 für Aufsehen gesorgt hatten,
bekamen die Aufgabe, möglichst lange ein 0:0 zu halten, um den VfB
nervös werden zu lassen.
Wer vom VfB in diesem Finale ein spielerisches
Feuerwerk erwartet hatte, sollte schnell eines besseren belehrt werden.
Die Schwaben erspielten sich von Beginn an ein klares Übergewicht, ohne
zu zwingenden Torchancen zu kommen. Geduldig warteten die
Löw-Schützlinge darauf, dass sich in der Energie-Abwehr Lücken auftun
würden, um diese auszunutzen. Und dies geschah denn auch: In der 18.
Minute drehte Krassimir Balakov einen Eckball in den Strafraum, Giovane
Elber stieg am höchsten und wuchtete das Leder zum 1:0 in die Maschen!
Ausgerechnet der zum FC Bayern wechselnde Brasilianer, um den es im
Vorfeld wegen einiger kritischer Äußerungen in Richtung Vereinsführung
Diskussionen gegeben hatte.
Nach dem 1:0 hatten die Stuttgarter das Spiel bis zur
Halbzeit sicher im Griff. Im Mittelfeld drehte Regisseur Balakov wie
gewohnt am Schwungrad - sein Sonderbewacher Willi Kronhardt konnte den
Aktionsradius des Bulgaren in keiner Phase einengen. Sehr wirkungsvoll
agierte einmal mehr Zvonimir Soldo, der Balakov einerseits den Rücken
freihielt, andererseits in der Defensive entstehende Löcher stopfte.
Nach dem Seitenwechsel kamen die Cottbuser mit neuem
Mut aus der Kabine und mühten sich, den Ausgleich zu erzielen. In der
50. Minute die größte Chance der Geyer-Elf. Routinier Detlef Irrgang
ließ mit einer geschickten Körpertäuschung die gesamte VfB-Abwehr ins
Leere laufen, stand plötzlich allein vor Franz Wohlfahrt - scheiterte
aber am glänzend reagierenden VfB-Keeper.

Keine zwei Minuten später setzte Balakov im
Mittelfeld zu einem Solo an, Kronhardts Rettungsaktion landete genau
bei Giovane Elber, der noch einige Schritte lief und den Ball dann
am herauslaufenden Wehner vorbei zum 2:0 ins Cottbuser Netz
schlenzte. Die Entscheidung!
Der VfB beherrschte in der Restspielzeit jederzeit
das Geschehen, ohne sich völlig zu verausgaben. Die Cottbuser
Offensivkräfte blieben mit Ausnahme Irrgangs chancenlos gegen die
souveräne Hintermannschaft der Schwaben. Die Glanzpunkte setzten aber
wieder Krassimir Balakov und Giovane Elber als Antreiber und
Vollstrecker. Zwei Drittel des" magischen Dreiecks" wurden erneut zu den
Spielgewinnern, lediglich Fredi Bobic stand deutlich im Schatten seines
Gegenspielers Jens Melzig und kam überhaupt nicht zur Entfaltung.
20.000 Stuttgarter Fans feierten um 21.00 Uhr ihre
Helden, als Bundespräsident Roman Herzog dem VfB-Kapitän Frank Verlaat
den Pokal überreichte. Nach 39jähriger Abstinenz feierten die Anhänger
den dritten Pokalsieg ihres Klubs nach 1954 und 1958. Die Pokalfeier im
Hotel "Esplanade" war geprägt von ausgelassener Siegesfreude, sie war
ein glanzvoller Abschluss einer Saison, die nach all den Enttäuschungen
der letzten Jahre eine spielerisch hochstehende VfB-Elf erlebt hatte,
die lange Zeit um die Meisterschaft und den Pokal mitspielte. Der Pokal
wurde geholt, die Meisterschaft ist das Ziel für die Zukunft.
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