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Magazin für Tradition, Mythos und Kultur
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  unabhängige Vereinspage über die Profimannschaft des VfB Stuttgart 1893 e.V.       11. Jahrgang

 
 
 


 
    

DER UNBEQUEME

VON HARALD JORDAN (06/92)

Am 29. November 1925 besiegte der VfB Stuttgart in einem Punktspiel den Lokalrivalen Stuttgarter Kickers sage und schreibe, 6:0. Eine deprimierende Niederlage für die bis dahin eindeutig dominierenden Degerlocher, eine unsagbare Genugtuung für den aufstrebenden Klub vom Wasen. Zu den Torschützen gehörte auch der 18jährige Willy Rutz, ein Riesentalent, das erst in dieser Saison von einem kleinen Cannstatter Verein zum VfB gekommen war. Rutz spielte auf halblinks, war aber in der Offensive überall einzusetzen. Er beherrschte das Kopfballspiel, lieferte überraschende, haargenaue Pässe, eröffnete Torchancen und traf selbst - ein Spieler der ganz seltenen Art. Eine große Zukunft lag vor ihm. Der Reichstrainer Dr. Nerz interessierte sich bald für diesen Akteur, Willy Rutz gehörte schließlich zum Olympiakader für die Spiele in Amsterdam. Verletzungen verhinderten aber leider seine Teilnahme.

Kein Trainer, kein Sportlehrer musste Willy Rutz sagen, wie man Fußball spielt Seit dem Kindesalter war er auf den Straßen hinter dem Ball hergerannt, seine Wendigkeit und seine Sprungkraft erklärten er sich selbst mit seinem Leichtathletik-Training, das er stets als Ausgleich für den Fußball betrieben hatte.
Als Profi hätte Willy Rutz großes Geld machen können. Doch die Zeiten waren strikt auf reinen Amateurismus ausgerichtet, was bei vielen Vereinen in der Praxis hieß: "Du darfst dich nicht erwischen lassen." Mit dem VfB wurde Rutz 1926 Württembergisch-badischer Meister - ein Akteur, den andere gerne in ihren Reihen gehabt hätten.

Willy Rutz wechselte Ende der zwanziger Jahre zu Rot-Weiß Frankfurt, seitdem sagt man ihm nach, der erste VfB-Profi gewesen zu sein. In Frankfurt war Rutz in einer Anwaltskanzlei beschäftigt, vom Verband gesperrt - mit Geldverdienen im Fußball war da nichts. 1931 kehrte der Supertechniker zurück auf den Wasen. Als Spieler noch immer gesperrt. Aber er konnte als Trainer wirken, in Calw, in Tübingen und beim VfB Stuttgart. Damit verdiente sich Willy Rutz seinen Lebensunterhalt - und mit den Einkünften durch seine Weinstube, die ihm der VfB vermittelt hatte. Als Wirt hatte Rutz kein leichtes Los: jedes Viertele musste ich aus dem Keller holen. Das war schärfstes Training." Als VfB-Trainer blieb Willy Rutz auf Erfolgskurs: 1933 Süddeutsche Pokalmeisterschaft. Weil der VfB knapp bei Kasse war, verzichtete Rutz auf sein Trainerhonorar: "Mir ging es damals gut", sagt Willy Rutz heute als 85jähriger.

Schließlich die Begnadigung 1932 und gleich ein Länderspiel gegen Finnland in Helsinki. Mit dem Mannschaftsführer Willy Rutz erlangte der VfB drei Jahre später den bis dahin größten Erfolg: Deutsche Vizemeisterschaft 1935. Willy Rutz gehört zu den schillerndsten VfB-Spielern. Er wusste, warum das Publikum auf den Platz strömte, war den Funktionären unbequem. Als Akteur auf dem Rasen mit seinem Können war er vorbildlich - ein Großer, der Respekt verdient

     
   
     
   
     
   
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