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Magazin für Tradition, Mythos und Kultur
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  unabhängige Vereinspage über die Profimannschaft des VfB Stuttgart 1893 e.V.       11. Jahrgang

 
 
 


 
    

Brüderpaare in der Bundesliga: Die Försters

von Harry Valérien (06/84)

Über die richtigen Beziehungen zu verfügen ist wichtig in unserer Gesellschaft, wie jeder weiß. Wenn man einen kennt oder zumindest einen kennt, der einen kennt, der was billiger beschafft, einen Arzt im Krankenhaus, einen Spezi bei der Behörde hat, geht manches leichter vonstatten. Auf den richtigen Draht kommt es an. Wenn ein Fußballer den findet, rückt er mitunter schneller auf von der Reserve ins erste Glied, und für den Sprung in die Nationalmannschaft ist so was auch eine vorteilhafte Basis. Der Beckenbauer hat einst den Schwarzenbeck protegiert, der Breitner den Dremmler, Mannschaftskameraden allesamt beim FC Bayern München. Und wenn gar ein Bruder für den anderen eintritt wie der Karl-Heinz Förster für den Bernd, ist ohnehin alles geritzt.

Die Rechnung, versichert Karl-Heinz Förster, geht nicht auf. Als Hindernis gar erweise sich das brüderliche Band. "Wenn ich ein gutes Wort einlege für den Bernd, dann sagt jeder: Ja, der Bruder! Und wenn der Bundestrainer mich fragen würde, ob er den Bernd aufstellen soll, müsste ich immer ja sagen, weil ich eine so gute Meinung von ihm habe. Herr Derwall weiß das, und wahrscheinlich fragt er mich deshalb nicht."

Der Bernd kennt die Problematik, sie haben oft darüber gesprochen. "Aber unsere Bindung ist so eng, dass sie mir über vieles hinweghilft. Es hat nie einen Moment gegeben, in dem ich neidisch war oder unzufrieden. Ich freue mich über jedes gute Spiel von Karl-Heinz."

Das klingt keineswegs resigniert, obwohl Bernd Grund genug hätte, an seinen Fähigkeiten als Fußballspieler zu zweifeln, mit dem Glück und seinem Geschick zu hadern. In der DFB-Jugendauswahl hat er einst Vorstopper gespielt, ehe ihn der damals erst 16jährige Karl-Heinz ablöste, um ihn bald zu überflügeln: Erstes A-Länderspiel mit 19, zuerst beim VfB Stuttgart und gleich Stammspieler, Heirat, Vaterglück, immer vorneweg. "Meine Laufbahn ist nicht so glatt verlaufen wie die von Karl-Heinz", sagt Bernd.
Die ersten Schritte waren vorgezeichnet: Badenia Unterschwarzbach, der Heimatverein im Odenwald; Waldhof Mannheim, die Talentschmiede; dann der große Sprung zum FC Bayern München, der 440000 Mark zahlte, ein Privatspiel inklusive. Der 19jährige Bernd Förster stand mit monatlich 10 000 Mark auf der Gehaltsliste und musste dafür vornehmlich die Koffer tragen. Er wechselte zum 1. FC Saarbrücken, doch der stieg ab. Wenigstens damals hat sein Bruder etwas für ihn tun können. Er ebnete ihm den Weg zum VfB Stuttgart, wo die beiden seitdem Tore verhindern.

Konkurrenzlos darf Karl-Heinz Förster in der DFB-Auswahl Anspruch auf den Posten des Vorstoppers erheben: Eine verbesserte Ausgabe des "Katsche" Schwarzenbeck, der Mitglied der Weltmeistermannschaft 1974 gewesen ist, mit Zierleiste quasi. Der Schwarzenbeck hat so grimmig dreingeschaut, wie er spielte. Karl-Heinz Förster kämpft nicht weniger kompromisslos, aber mit dem adrett gescheitelten blonden Haar und dem stets fröhlichen Gesicht vermittelt er den Eindruck, als könne er kein Wässerchen trüben, so dass manche von ihm behaupten, er sei der Treter mit dem Engelsgesicht.

Sein Bruder Bernd gilt als vielseitig verwendbarer Spieler, und für so einen ist der Weg nicht weit zum Lückenbüßer. "Das ist auf die Dauer gefährlich", hat er erkannt. "Erst spielst du hier, dann da, und auf einmal bist du weg vom Fenster." Das widerfuhr ihm bei der Europameisterschaft 1980, als er Platz machen musste für Bernd Schuster. Danach hat er sich wieder rangekämpft und in jener Mannschaft verteidigt, die bei der Weltmeisterschaft 1982 erst im Finale den Italienern unterlegen ist.

Die Kraft, nicht aufzugeben, Enttäuschungen zu überwinden, finden beide, so versichern sie, in ihren familiären Beziehungen. "Das Familienleben ist für uns wichtige Basis", versichert Bernd. "Wir haben eine enge Bindung zum Elternhaus. Meiner Mutter war die Arbeit nie zuviel, wenn wir dreimal am Tag schmutzige Wäsche heinigebracht haben. Das geben wir jetzt zurück." Eine Autostunde bringt sie in den Odenwald zu den Eltern, den beiden Schwestern, sooft es die Zeit zulässt.

Dass einer für den anderen einsteht, ging so weit, dass sie mit dem Fußballgesetz in Konflikt gerieten. Im UEFA-Cup-Spiel gegen den 1. FC Köln im Jahre 1980 stellte sich Bernd vor seinen Bruder Karl-Heinz, als dieser mit der gelben Karte verwarnt werden sollte und daraufhin gesperrt worden wäre. Der schwedische Schiedsrichter Ericsson ließ sich täuschen: Ein Blonder, ein Förster. Der Fehler dabei war bloß: Die beiden Schwindler erzählten die Geschichte im regionalen Fernsehen, sie machte die Runde, und die Strafe traf hart: vier Spiele Sperre - für beide. Der VfB Stuttgart flog aus dem Wettbewerb und büßte Millionen ein.

Das sind zwei liebe, nette junge Burschen, die immer freundlich Grüß Gott sagen, was in ihrer Branche durchaus nicht mehr als selbstverständlich gelten kann. Doch dieser Eindruck täuscht. Bei der Arbeit auf dem Spielfeld wirken sie eiskalt und knallhart, zeigen sich nach dem Schlusspfiff als gewiefte Geschäftsleute. Mit 17 hat Karl-Heinz Förster, damals jüngster Profi beim VfB Stuttgart, schon verkündet, er werde bei seinem Verein um jede Mark kämpfen, "denn irgendwann kriegt in diesem Job jeder einen Tritt". Nach der Weltmeisterschaft sollte ein Buch über das Duo erscheinen, im Auftrag einer Kaufhauskette, mit dem Titel: "An uns kommt keiner vorbei." Das Projekt hat sich damals zerschlagen. Jetzt werben sie für eine Bausparkasse, als sympathische Garanten des schwäbischen Mottos: Schaffe, schaffe, Häusle baue.

     
   
     
   
     
   
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