DER WIRT VOM BURRENHOF
VON MARTIN HÄGELE (06/92)
Rechtzeitig
zur vierten Deutschen Meisterschaft hat sich auch das Bruddeln beim Wirt
vom "Burrenhof' gelegt. Denn zur gleichen Zeit, in der die Sammer und
Co. und halb Schwaben immer wieder auf den 1. Titel anstießen, feierte
auch der TSV Pliezhausen den Aufstieg in die Verbandsliga. Im
Mittelpunkt des Jubels: der Torjäger, ein dribbelstarker, manchmal etwas
eigensinniger Mittelstürmer namens Erwin Waldner. Erwin Waldner junior.
Dass sein Sohn, einst Jugendnationalspieler und
damals der absolute Star der VfB A-Jugend anschließend weder bei den
Roten noch bei den Blauen den Sprung in die Erste geschafft hat, hat
Waldner Senior ziemlich verschnupft und das Verhältnis zu seinem Klub
doch etwas abkühlen lassen. Als das mit Waldner zwo noch planmäßig lief,
der Junge in den Fußstapfen des Alten, hat man den 13maligen
Nationalspieler häufiger auf dem Wasen gesehen. Mal auf der Tribüne,
häufiger beim Kicken mit den Alten Herren oder in der
Präsidiumsmannschaft des VfB.
In diesem Kreis hat er sich wohlgfühlt. Und es ist im
nachhinein, umso schwerer vorstellbar, dass der Mann mit der
Fistelstimme zu den ersten Legionären des modernen Fußballs gezählt hat.
1961/62 FC Zürich, 1962/63 Spal Ferrara, pünktlich -'und glücklich
retour, als es mit dem VfB und der Bundesliga dann losging.
Erwin Waldner, mit 19 aus Neckarhausen gekommen, was
er jahrelang durch das Nummernschild seines Käfers NT- EW 19
dokumentiert hat, hat am Ende seiner Karriere in dieser Gegend Wurzeln
geschlagen. Die Ersparnisse angelegt im "Burrenhof", einem
Ausflugslokal, in das im Sommer die Wanderer und im Winter die Skifahrer
kommen.
Nur ab und zu, so berichtet der Wirt Waldner, den man
früher schon von weitem am stets bandagierten Oberschenkel seines
Schussbeines erkannt hat, hole ihn die sportliche Vergangenheit noch
ein. Wenn er plötzlich durchs Lokal lauthals schreie: "Weib, gang in
Deckung - er kommt." Dann steht "Ebo" Eberle, der alte Kickers Haudegen,
in der Tür und will ein oder auch zwei Viertele mit seinem früheren
Gegenspieler trinken.
An solchen Abenden erzählen die beiden einander zum
x-ten Mal, wie der eine den andern ausgedribbelt und wie es dafür dann
auf die Socken gegeben hat.
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