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Magazin für Tradition, Mythos und Kultur
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  unabhängige Vereinspage über die Profimannschaft des VfB Stuttgart 1893 e.V.       11. Jahrgang

 
 
 


 
    
  Erfolge als Trainer beim VfB Stuttgart
 
Bundesliga 1x Meister  1991/1992 mit VfB Stuttgart
     
  Vereinskarriere beim VfB Stuttgart:
 
 Liga   Saison   Verein   Position    
 Bundesliga   1990/1991   VfB Stuttgart   Trainer   ab 20.11.1990 
 Bundesliga   1991/1992   VfB Stuttgart   Trainer    
 Bundesliga   1992/1993   VfB Stuttgart   Trainer    
 Bundesliga   1993/1994   VfB Stuttgart   Trainer   bis 10.12.1993 
     



Geschichte / Sonstiges

MISSIONAR ALS MEISTERMACHER

VON OSKAR BECK

Christoph Daum schaute der versammelten Runde von Schwaben stabil ins Auge und hob die Stimme zum Schwur: "Unmögliches wird sofort erledigt ? beim VfB beginnt eine neue Zeitrechnung." Das war an seinem ersten Arbeitstag in Stuttgart - am 20. November 1990.

Hand aufs Herz: Haben wir ihn damals nicht alle für eine Promenadenmischung aus Kölner Jeck und Kampfschwätzer gehalten? Selbst nach seinem ersten Sieg bruddelte ein örtliches Blatt: "Klein ist der Schritt vom Messias zum Spruchbeutel."

Daum und die Schwaben - eine Geschichte mit Happy end. Jetzt, wo die Sache so schön gelaufen ist und der VfB auf dem Meisterthron sitzt, kann man's ja sagen: Ursula Daum war schön traurig, als sie weiland ihren Dennis und Nesthäkchen Janine unter den Arm klemmen musste und gen Süden zog. Sie verstand ihren Mann damals gar nicht. Sie fragte sich: Wie kann sich ein lustiger Kerl aus Millowitsch City, der durch das Stahlbad der rheinischen Fröhlichkeit gegangen ist, dermaßen in der Tür irren?

Christoph Daum: "Sie hat, als ich mich entschieden hatte, von Köln weg und nach Stuttgart zu gehen, Rotz und Wasser geheult. Vor den Schwaben haben mich am Anfang alle gewarnt."

Was war's also: Abenteuerlust? Der Reiz des Risikos?

Er hat's uns mal in Ruhe erzählt. Beim Kaffee. Wie das war, als er arbeitslos war ? nach seinem Rausschmiss beim 1. FC Köln. Er hat damals das Haus gestrichen. Den Keller aufgeräumt. Seine Gedanken sortiert. Als es ihm mal langweilig wurde legte er die Deutschlandkarte vor sich hin und studierte sie unter dein Blickwinkel des Fußballs. München, Hamburg, Köln ? dicke Punkte.

Daum: "Stuttgart, der VfB. Mensch. dachte ich, warum schaffen die das eigentlich nie?" Damals hat er, in der Kristallkugel, ein kleines Real Madrid mit Brustring gesehen. Diese reiche Region. Diese Wirtschaftskraft. Das riesige Einzugsgebiet. Er musste eigentlich nur noch den Wekker spielen: VfB, aufstehen, Karriere machen!
Christoph Daum, der Missionar. Er hat an den Ufern des Neckars vor allem eine ganz wichtige Erkenntnis verbreitet: dass aus einem traurigen Arsch kein fröhlicher Furz kommt.

Otto Münzinger, 71, steht draußen vor dem Klubheim auf dem Parkplatz. Seit 43 Jahren ist er VfB-Mitglied, und seit er Rentner ist, passt er auf, dass kein Auto wegkommt. Er kennt Gott und die Welt, und er hat schon viele Trainer kommen und gehen sehen. "Der Daum isch okay", Wusste Otto von Anfang an. "Der sitzt auch mal im Klubheim, isst Schinkennudeln und schwätzt mit de Leut."

Christoph Daum hat den VfB aufgemöbelt, vom Platzwart bis zum Präsidenten. Er gab jedem das Gefühl, dass er in seinem Job so wichtig ist wie Guido Buchwald zwischen den Strafräumen - auch Otto, der Parkplatz-Sheriff. Oder Wolfgang Pfisterer, der den Mannschaftsbus fährt. Daum: Mein Freund."

Oder Jochen Seitz, der Zeugwart.

Daum: "Die Seele des Klubs. Wenn's mir kalt ist, kommt der gleich mit den Einlegesohlen gelaufen." Oder Helmut Noller, der den VfB-Profis während des Trainings für ein paar Mark immer die Autos schrubbt. Auch den SL von Daum. Für zehn Mark. "Daums Vorgänger", hat Noller sich mal beschwert, "hat ja nicht bei mir waschen lassen, der Entaklemmer."

Kurzum: Christoph Daum hat den VfB seelisch aufgeputzt. Auf seiner Couch war Platz für alle. Auch für den Manager. Dieter Hoeneß stand am Anfang ja ein bisschen wie der schiefe Turm von Pisa in der Prärie. Bis Daum kam. Zum Dank hat ihn Hoeneß in die lukullischen Geheimnisse des Schwabenlands eingeweiht: Maultaschensuppe und Kässpätzle.

"Als wir die Dortmunder damals mit 7:0 vom Platz fegten", erzählt der Trainer, "hat der Dieter mich sogar abgeknutscht." Augenzeugen berichten, es sei der längste Kuß in der schwäbischen Fußballgeschichte gewesen. Psychiater Daum.

Diese Augen. Wenn er unter Strom steht, knipst er sie an wie Fernlichter der Besessenheit. Sie brennen wie Feuer. So hat er auch Gaudino angeschaut, als der mal aus dem Spiel wollte, kurz vor Schluss. Daum sprang auf. Er ballte die Faust. Er verlangt das, was er selber gibt. Herz. Charakter. Leidenschaft. Hingabe. "Du machst weiter! Du beißt auf die Zähne!" schrie er.

Maurizio Gaudino machte weiter, bis er mit Muskelkrämpfen platt lag. Ein Genie, aber schlampig. Christoph Daum hat ihn hochgebracht wie einst den kleinen Thomas Häßler beim 1. FC Köln. "Los, Mauri!" hat der Trainer seinen Paradiesvogel mit dem Brilli im Ohr angemacht, Leg meinetwegen noch vier Goldkettchen um den Hals, aber tu was!"

Den Rentnern, die immer zuschauen, gefällt so was. Hinterher hocken sie zusammen, schlotzen ihr Viertele und loben den Trainer. Auch dafür, dass er aus billigen Leuten teure macht - und gute.

Uwe Schneider: jung, aggressiv, hungrig. Hat nichts gekostet. Daums Mann. Andreas Buck: Pfeilschnell. Kommt von der Schwäbischen Alb. Rauhes Klima. Daums Mann.

Slobodan Dubajic: Einst im Sonderangebot. Jetzt Abwehrchef und Millionen wert. Daums Mann.

Eyjölfur Sverrisson: Spottbilliger Island-Import. Dauerläufer. Eisbrecher. Daum: "Ich hab' den Kühlschrank aufgemacht. Da saß er drin. Der Mann, der aus der Kälte kam."

Klar, ein Meistertrainer braucht Glück. Der VfB-Zampano packt deshalb oft ein wichtiges Köfferchen. Inhalt: Eine Hasenpfote, eine Schornsteinfegerpuppe, eine alte Meisternadel des AC Mailand und ein paar Pfennige, die er sich bei großen Spielen in die Socken steckt. Doch mit Dusel allein wäre dieser Christoph Daum nicht Deutscher Meister geworden.

Preisfrage: Hat dieser Trainer, seit er beim VfB ist, eigentlich schon einen gravierenden Fehler gemacht? Antwort: einen. Das war, als ihn ein Reporter mal fragte: Was sagt Ihnen der Begriff Schlienz?

Daum: "Wie?" S-c-h-l-i-e-n-z. Daum: "Was soll das sein?" Heilixblechle. Wenn das der Stammtisch im Klubheim mitgekriegt hätte - dass er Robert Schlienz nicht kannte, der beim VfB als Fußballer einer der Größten war.

Schwamm drüber. Der Lapsus ist längst verziehen. Dieser Trainer hat sich sein Meister-Diplom als Beute-Schwabe verdient.





     
   
     
   
     
   
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